Mendelssohn: Jugendsinfonien
1970 übernahm Kurt Masur die Leitung eines der besten Klangkörpers Deutschlands und der Welt: Dem Gewandhausorchester Leipzig. Herausragende Leistungen aus dieser ein Vierteljahrhundert währender Amtszeit gibt es viele. Eine davon wäre z.B. die Initiierung des Gewandhausneubaus. Es dürfte auf der ganzen Welt kein anderer Chefdirigent eines großen Sinfonieorchesters gewirkt haben bzw. wirken, der den Werken von Felix Mendelssohn-Bartholdy einen vergleichbaren, geradezu bekenntnishaften Stellenwert in seinen Programmen eingeräumt hat, wie dies für Masur charakteristisch war. Ein Jahr nach seinem Amtsantritt, im Jahr 1971, entstanden die in dieser Edition enthaltenen Aufnahmen der 12 Jugendsinfonien von Felix Mendelssohn Bartholdy.
Die Streichersinfonien entstanden zwischen 1821 und ‘23. Sie sind die Werke eines 12–14-jährigen Hochbegabten. Auffallend an den Jugendsinfonien Mendelssohn ist die relativ kurze Spieldauer der einzelnen Sinfonien. Dies raubt den Werken jedoch keinesfalls an Größe. Die Jungendsinfonien bieten einen Einblick in die Komponierwerkstatt eines heranwachsenden Genies. Sie sind ein Zeugnis der Experimentierfreudigkeit des jungen Mendelssohns und dokumentieren die vielseitigen Einflüsse, die auf den jungen Künstler einwirkten. Es lassen sich Spuren der Beschäftigung mit Werken von Bach, Beethoven und Mozart erkennen und sogar die Melodie eines Jodelliedes, welches der junge Mendelssohn auf einer Konzertreise in die Schweiz aufschnappte, fand seinen Weg in diese frühen Werke.
In Zeiten des Nationalsozialismus wurde die Musik von Mendelssohn verbannt und sein Name durch den militanten Antisemitismus dekreditiert. In der Nachkriegszeit leistete Kurt Masur einen erheblichen Beitrag an der Rehabilitation des
Mendelssohn Œvres indem er dem Komponisten im Konzertalltag einen Ehrenplatz gab. Nicht nur im Konzertalltag fanden sie einen Ehrenplatz, sondern auch im Tonstudio. Die Jugendsinfonien Mendelssohns wurden die erste zyklische Gesamteinspielung im Amt des neuen Gewandhauskapellmeisters. Die in dieser Edition enthaltenen Aufnahmen sind Zeugnis der Entstehung einer fruchtvollen künstlerischen Beziehung zwischen Kapellmeister und Musikern, welche 26 Jahre andauern sollte. Kühner künstlerischer Geist trifft hier auf musikalische Exzellenz und sorgt für Hochgenuss der Hörer_innen. Die meisterhafte Interpretation Kurt Masurs gibt einen aufschlussreichen Einblick in die Vorstellungskraft eines talentierten jungen Komponisten. Diese Aufnahmen erstrahlen nun in neuem Glanz durch ein liebevolles analoges Remaster.