Ihr Leben erzählt sich wie die barocke Erfolgsgeschichte par excellence: Elternlos im venezianischen Waisenhaus aufgezogen, zur „unübertroffenen Violinvirtuosin“ herangewachsen und auf Augenhöhe mit Antonio Vivaldi zusammengearbeitet: Anna Maria dal Violin. Midori Seiler und das Concerto Köln schildern in La Venezia di Anna Maria das Leben dieser herausragenden Frau.
Ihr ganzes Leben lang wohnte und arbeitete Anna Maria (*1696 †1782) im Ospedale della Pietà. Das Waisenhaus für Mädchen im Herzen Venedigs tat mehr, als elternlosen Mädchen Obdach und Schutz zu geben. Als Schuleinrichtung, musikalisches Konservatorium und Touristenmagnet stellte es einen Wirtschaftsfaktor dar, in dem Anna Maria schnell zum Star wurde. Obwohl man es von einem Waisenhaus nicht erwartet, bildete es die Grundlage und perfekte Voraussetzung für eine Karriere, wie sie für eine Waise und Frau im Italien des 18. Jahrhunderts schwer vorstellbar war.
Als Maestro di concerto des Ospedale nahm Antonio Vivaldi Anna Maria unter seine Fittiche. Er, zuerst ihr Mentor und Lehrer, schreibt später fast 30 Concerti per Anna Maria. Sie wiederum spielt herausragend Violine und eine Vielzahl anderer Instrumente, als „wahrhaftige Verkörperung des Guten, Schönen“, wie „ins Paradies aufsteigend“, so ein anonymes Lobgedicht. Damit avanciert sie zum Publikumsmagnet und trägt somit nicht unerheblich dazu bei, dass Vivaldis Instrumentalkonzert zur Blüte gebracht wird. Die Barockspezialistin Midori Seiler und ihr kongenialer Partner Concerto Köln schildern virtuos diese künstlerische Zusammenarbeit Anna Marias und Vivaldis. In einem „Spielbuch“ hielt Anna Maria eine Vielzahl der Konzerte fest, die sie in der Chiesa dell’Ospedale musizierte. So tragen diese glücklicherweise überlieferten 160 Notenblätter ihre Handschrift im zweifachen Sinn: Wir sehen nicht nur den von ihr geschriebenen Notentext, sondern auch Ornamente von ihrer Hand. Diese geben einen Einblick in die Spielweise und eröffnen ein musikalisches Tor vom Hier und Jetzt in das Venedig von vor knapp 300 Jahren.
Ein Album über fruchtbares Miteinander: Antonio Vivaldi und Anna Maria – Midori Seiler und das Concerto Köln – Midori Seiler und Anna Maria. Als ebenso virtuose Violinistin ist Midori Seiler prädestiniert dafür, sich mit ihrer barocken Vorgängerin auseinanderzusetzen. Als Mitglied der Akademie für Alte Musik Berlin erlebte Seiler den internationalen Durchbruch des Ensembles, ab 2005 bis 2014 auch am Konzertmeisterpult. Nach einer Professur an der Universität Mozarteum Salzburg kehrte sie 2017 als Professorin an die Hochschule für Musik Franz Liszt nach Weimar zurück. Die Preisträgerin des Sächsischen Mozartpreises verbindet eine lange Partnerschaft mit Concerto Köln. Seit mehr als 30 Jahren zählt das Orchester zu den führenden Ensembles im Bereich der historischen Aufführungspraxis und gehört als EU-Kulturbotschafter 2012 zu den musikalischen Aushängeschildern Nordrhein-Westfalens.
Vier der Concerti per Anna Maria wurden von Midori Seiler und dem Concerto Köln für dieses Album ausgesucht, zusammen mit je einem Konzert der Vivaldi-Zeitgenossen Galuppi und Albinoni. Die herausragenden Interpreten Midori Seiler und Concerto Köln bieten mit La Venezia di Anna Maria einen einzigartigen Einblick in die florierende Kunstmetropole Venedig auf dem Zenit ihres Musikbetriebs.