„Für mich ist f. a. e. [frei, aber einsam] ein Symbol geblieben, und darf ich es, trotz allem, wohl segnen.“ (Brahms an Joseph Joachim, 5. März 1888)
Johannes Brahms suchte die Einsamkeit, um in der Musik und im Komponieren seine Freiheit zu finden. Mit seinem neuen Album „Frei aber einsam“ holt der Pianist Matthias Kirschnereit Brahms’ zeitlose Musik ins Hier und Heute. Was kann uns sein Schaffen bedeuten? „Auf keinen Fall, dass wir der Liebe entsagen und alle in Askese leben sollen“, sagt Kirschnereit. „Aber vielleicht, dass wir uns fokussieren, kurz rasten und überlegen, wo wir hinwollen. Und das können wir am besten in einer Einsamkeit im positivsten Wortsinn. Da können wir auch kurz unsere eigenen Abgründe aufblitzen sehen. Das kann so schön klingen! Brahms ist eben ein herber Melancholiker, kein Kitschier.“
F.A.E. ist somit für den Pianisten eine Referenz an einen zauberhaften und zugleich rätselhaften Komponisten, verbunden mit einem Gedankenwink auf den Menschen Johannes Brahms, auf sein Lebensmotto. In den beiden „Monolithen“ – der f-Moll-Sonate und dem f-Moll-Quintett – ist dieses Motto musikalisch notiert. Das Scherzo aus der namensgebenden Sonate für Klavier und Violine war Brahms erste musikalische Auseinandersetzung mit diesem Thema. Die enge Verbindung von Brahms’ künstlerischem Schaffen und seiner Lebensphilosophie ist verbürgt: „Er hat mehrfach seinen Freunden zu verstehen gegeben, dass er ganz für die Musik, ganz für seine Kompositionen leben möchte. Er hatte die Sorge, dass die bürgerlichen Verpflichtungen, die er mitunter als Fesseln verstand, seiner Arbeit schaden würden“, so der Pianist.
Matthias Kirschnereit zählt heute zu den spannendsten und erfolgreichsten deutschen Pianisten seiner Generation. Er hat bei Berlin Classics mit romantischem Repertoire reüssiert und legt nun nach Aufnahmen mit Werken von Schumann, Schubert und seiner groß angelegten „Lieder ohne Worte“-CD (Mendelssohn/Hensel) sein neuestes Album vor. Im musikalischen Kern zutiefst romantisch, lässt diese Aufnahme das (musikalische) Lebensmotto von Johannes Brahms auf wunderbare Art und Weise wieder aufleben. Die Spannung wird zudem durch die kammermusikalische Zusammenstellung und die Zusammenarbeit mit dem Amaryllis Quartett und der Geigerin Lena Neudauer erzeugt.
„Er spricht fast gar nicht, oder tut er es zuweilen, so geschieht es so leise, dass ich es nicht verstehen kann. Er hat gewiss seine geheime innere Welt – er nimmt alles Schöne in sich auf und zehrt nun innerlich davon.“ Clara Schumann, Tagebuch
„Ich brauche absolute Einsamkeit, nicht sowohl um das mir Mögliche zu leisten, sondern um nur überhaupt an meine Sache zu denken.“ Johannes Brahms an Freifrau Helene von Heldburg, 11. August 1887