Das international bekannte Fauré Quartett veröffentlicht die Weltersteinspielung der Bilder einer Ausstellung und Études-Tableaux in den Fassungen für Klavierquartett bei Berlin Classics.
Es sind die wilden Goldenen Zwanziger. Der musikalische Tausendsassa Sergei Kussewizki, 25 Jahre Musikdirektor des Boston Symphony Orchestra, gibt die Orchestrierung zweier weltbekannter Werke in Auftrag: Die Bilder einer Ausstellung des 1881 verstorbenen Mussorgskis und die Études-Tableaux von Rachmaninow sollen für Orchester bearbeitet werden. Keine Geringeren als die beiden Musikgrößen Ravel und Respighi werden von Kussewizki für diese Aufgaben ausgewählt. Ihre Bearbeitungen legen den Grundstein für zahlreiche weitere Umarbeitungen, von denen jedoch keine an die Popularität derer von Ravel bzw. Respighi herankommen. Über 80 Jahre später arbeitet Dirk Mommertz, Mitglied und Pianist des Fauré Quartetts, die beiden berühmten Werke noch einmal um. Dieses Mal für Klavierquartett.
„Ein Kammermusikensemble ist geradezu prädestiniert, mit Klavier und Streichern die gesamte klangliche Bandbreite zu präsentieren“, so Dirk Mommertz. Die Geigerin Erika Geldsetzer, Bratschist Sascha Frömbling, Konstantin Heidrich am Cello und sind seit über 25 Jahren ein Team und dürfen zweifelsfrei als einflussreichstes Klavierquartett der Welt bezeichnet werden. Sie sind bekannt dafür, neue Wege zu gehen, haben keine Angst davor, ausgetretene Pfade zu verlassen. So ist es nur folgerichtig, dass das Fauré Quartett nun ihre Bilder und Bilder-Etüden erstmals einspielt und veröffentlicht.
Mussorgskis Bilder einer Ausstellung drohten nach dem Tod des Komponisten in Vergessenheit zu geraten. Ravels Fassung hat gleichzeitig für die weltweite Verbreitung des Originals gesorgt und seine Popularität übertroffen. Der Franzose erschuf in gut fünf Monaten, zwischen Mai und September 1922, eine Version, die selbstredend von Kussewitzki an der Pariser Oper dirigiert wurde und sofort großen Anklang fand. Als Kussewizki sieben Jahre später an Rachmaninow herantrat und ihm vorschlug, seine Études-Tableaux von Respighi für Orchester umarbeiten zu lassen, war dieser direkt Feuer und Flamme. Obgleich Rachmaninow jahrelang beharrlich kein Wort über die Intention hinter seinen 17 Bilder-Etüden verlor, tauschte er sich in der Zusammenarbeit bereitwillig mit Respighi aus: „Erlauben Sie mir, Maître, Ihnen die geheimen Erklärungen Ihres Komponisten zu geben? Gewiss werden sie den Charakter dieser Stücke verständlicher machen und Ihnen helfen, die erforderlichen Farben für die Orchestrierung zu finden.“ Respighi verdichtete sie auf fünf Etüden und gab ihnen die Titel, über die sich Rachmaninow noch in Schweigen hüllte.
Das Beziehungsgeflecht, welches sich, angefangen bei Mussorgskis Komposition von 1874 und Rachmaninows von 1911-1918, dann durch Kussewizki zu Ravel und Respighi spannt, endet 150 Jahre später beim Fauré Quartett im 21. Jahrhundert. Die Versionen für Klavierquartett bringen eine bisher ungehörte Farbigkeit in die Werke. Flexibel, dabei dicht im Klang. Greifbarer als mit Orchester, doch nicht minder packend. Von Kussewizkis unermüdlichem Einsatz für die Musik Rachmaninows und Mussorgskis ging für das Fauré Quartett der Impuls aus, die beiden Werke auf einem Album zu kombinieren – mit einzigartiger Seele und Farbigkeit, mit ungehörten Facetten und Wendungen, von großer Turbulenz bis zu ersterbender Ruhe.