„Eine Welle der Begeisterung für die Gitarre schwappte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts über Wien, und Schubert und Diabelli befanden sich mitten in dieser sogenannten “Guitaromanie”. Schubert besaß nie ein Klavier, hatte aber Zugang zu Gitarren und besaß möglicherweise sogar eine oder zwei. Außerdem spielten viele von Schuberts engen Freunden Gitarre, darunter Mayrhofer, Vogl, Hüttenbrenner und Grillparzer. Schubert komponierte am Schreibtisch, ohne ein Instrument zu benutzen, aber viele seiner Liedbegleitungen haben eine unheimliche Ähnlichkeit mit Gitarrenmustern. Ein Beispiel dafür ist sein Lied Die Nacht, das höchstwahrscheinlich für Gitarre und Gesang komponiert wurde ¬– die Begleitung hat große Ähnlichkeit mit dem Klavierpart von „Wohin?“ aus Die schöne Müllerin.“
Ammiel Bushakevitz, Gitarrist, Pianist und außerdem Autor dieser Zeilen, fand in der Sopranistin Katharina Konradi eine musikalisch Verbündete in der vorliegenden Aufnahme von Schubert-Liedern für Klavier und Gitarre.
Die Aufnahme, die mit dem BR-KLASSIK koproduziert wurde und jetzt bei Berlin Classics erscheint, widmet sich dem Thema „Insomnia“, der Schlaflosigkeit. Katharina Konradi schreibt dazu:
„Nacht und Schlaf sind für mich zwei wichtige Gefährten, die alles heilen, und die unsere Welt immer wieder aufs Neue in Ordnung bringen können. Denn in der Nacht intensivieren sich die Gefühle und trüben die Wahrnehmung. Somit ist die Nacht eine perfekte Zeit, wie es die Epoche der Romantik zeigt, um die tiefsten Abgründe und höchsten Gefühle zu durchleuchten… Niemand weiß, was wahr ist und was nicht.“
Die Entscheidung, einige der Schubert-Lieder für Gitarre zu bearbeiten, trafen die Musiker intuitiv – Konradis Sopran ist nach Bushakevitz‘ Ansicht geeignet wie keine zweite für diese feinnervige Kombination von Instrument und Stimme. Katharina Konradi benennt die Herausforderung so:
„Bei der Gitarre musste ich eine neue Einstellung für die Stimme finden, eine intimere, leichtere und vielleicht sogar entspanntere. Denn wenn ich zur Gitarre singe, ist auch meine Körperspannung eine andere. Ich fühle mich näher zu meinem Begleiter, fast so, als musizierten wir in stiller Übereinkunft nur für uns. Die große Aufgabe ist es dann, das Publikum in diese Intimität mit einzubeziehen und Teil von etwas beinahe Heimlichen werden zu lassen.“