Das Mozarteumorchester Salzburg blickt auf eine über 180jährige Geschichte zurück und genießt eine weltweite Reputation für seine lebendigen und stilbewussten Mozart-Interpretationen. Zusammen mit dem Label Berlin Classics möchte das Orchester in einer Reihe von sechs Alben die Vielfältigkeit und Spielfreude der Musikerinnen und Musiker aus Mozarts Geburtsstadt aufzeigen. Nach den Mozart-Serenaden und der Musik von Richard Strauss, erscheint nun das dritte Album. Es ist eine Hommage an Hans Werner Henze, der zu den bekanntesten Komponisten der Gegenwart zählt.
Die Leitung des Orchesters übernimmt in diesem Fall die in Deutschland lebende, renommierte taiwanesische Dirigentin Lin Liao. Sie hat sich in ihrer Karriere bereits eingehend mit Hans Werner Henze auseinandergesetzt und führt das Orchester mit ausgeprägtem Klangsinn und ohne Taktstock. Den Part der Solo-Violine übernimmt der junge österreichisch-chinesische Geiger Ziyu He, der innerhalb kürzester Zeit international auf sich aufmerksam machen konnte.
Das Album beginnt mit Konzertmusik für Violine und kleines Kammerorchester. Der erst 17jährige Hans Werner Henze ließ sich hier erkennbar von Hindemith und Schostakowitsch inspirieren. Die Geschichte dieses Werks ist eine Verkettung von Hindernissen. Die Uraufführung wurde durch den Einzug von Henze in den Kriegsdienst verhindert, dann geriet das Werk in Vergessenheit. 2017 wurde es im Nachlass von Kurt Stier wiederentdeckt, seine 2020 geplante Uraufführung im Rahmen der Salzburger Osterfestspiele aber durch die Corona-Pandemie verhindert. Die erste Konzertaufführung vor Publikum konnte tatsächlich erst im Rahmen eines Konzerts zum 10. Todestag von Hans Werner Henze im November 2022 im Orchesterhaus des Mozarteumorchesters stattfinden. Hier entstand auch die vorliegende Ersteinspielung.
Das zweite Werk des neuen Albums Il Vitalino Raddoppiato für Violine und Orchester entstand 1977 im Auftrag der Salzburger Festspiele und beruht auf einer dem Barockkomponisten und Geiger Tomaso Antonio Vitali zugeschriebenen Chaconne für Violine und Generalbass. Hans Werner Henze ergänzt die Chaconne durch zahlreiche weitere Variationen und haucht so dem Werk seine eigene Tonsprache ein. Im Vorwort zur Partitur verrät der Komponist seine persönliche Nähe zu diesem Stück und beschreibt es eindringlich.
Das letzte Werk des neuen Albums sind die Drei Mozart’sche Orgelsonaten füür 14 Spieler. Es handelt sich dabei um eine Instrumentierung dreier Kirchensonaten von Wolfgang Amadeus Mozart, die anlässlich dessen 200. Todestags entstanden sind. Hans Werner Henze komponierte die Sonaten ursprünglich für das Scharoun Ensemble. Die Besetzung besteht aus sechs Holzbläsern, sechs Streichern, Harfe und Gitarre. Eine besondere Rolle spielt dabei die Viola d’Amore, ein beliebtes Instrument der Kammermusik des 18. Jahrhunderts. Sie muss im Verlauf einer Aufführung der Orgelsonaten aufgrund wechselnder Tonarten mehrfach umgestimmt werden. Wohl mit ein Grund dafür, dass dieses Werk kaum in Konzerten gespielt wird. So handelt es sich hier um eine Ersteinspielung mit der das Mozarteumorchester Salzburg einmal mehr seine unangefochtene Stellung als Interpret der Mozart-Stilistik beweist und darüber hinaus die Orgelsonaten für einen Aufbruch in die Musik des 20. Jahrhunderts nutzt.