„Strauss: Metamorphosen & Wind Sonatina No. 1“ ist das zweite Album aus einer Reihe von sechs, die das Mozarteumorchester Salzburg bei dem Label Berlin Classics bis 2025 veröffentlicht wird. Für dieses Album hat sich das Orchester für den international renommierten Dirigenten Riccardo Minasi entschieden. Ursprünglich sollte ein Konzert unter seiner Leitung im Salzburger Großen Festspielhaus in der Saison 2020/21 stattfinden, welches aber wie so viel Veranstaltungen abgesagt werden musste. Man entschied sich stattdessen für eine Aufnahm mit Repertoire, dessen Besetzungsgrößen den Bedingungen angemessen war: Richard Strauss „Metamorphosen“ für 23 Solostreicher und der ersten Sonatine für 16 Bläser. Das so ausgewählte Repertoire hebt die einzelnen Abteilungen des Orchesters, Streicher und Bläser, hervor und verdeutlicht die Flexibilität des Orchesters, das sich scheinbar mühelos für das jeweilige Repertoire neu ausrichtet. Es zeigt darüber hinaus, dass die ständige Beschäftigung mit seinem Kernrepertoire den Umgang des Orchesters mit der Musik späterer Epochen prägt – eindrücklich zu hören auf dem aktuellen Album mit hochromantischer Musik des späten Richard Stauss.
Die Entscheidung für die erste Bläsersonatine ist aber auch eine Anknüpfung an das erste Album „Mozart: Serenades“. Als Vorbild zur Bläsersonatine diente Strauss „Gran Partita“, Mozarts Serenade für Bläser. Die Bezeichnung Sonatine ist ebenso eine Verharmlosung wie die Zuordnung Mozarts Werk zur Gattung der Serenade. Gemessen am musikalischen Gehalt handelt es sich doch eher um eine ausgewachsene Bläsersinfonie. Strauss komponierte diese nach der Genesung einer schweren Grippe und kommentierte sie mit dem Untertitel „Aus der Werkstatt eines Invaliden“. Generell bezeichnet Strauss gerne seine späten Instrumentalwerke als “Werkstattarbeiten, damit das vom Taktstock befreite rechte Handgelenk nicht vorzeitig einschläft”. So schließt sich der Kreis an Untertreibungen.
Das neue Album beginnt allerdings nicht mit der ersten Bläsersonatine, sondern mit den gleichermaßen schönen wie traurigen Metamorphosen. Die Zerstörungen Ende des 2. Weltkriegs führten bei Strauss zu einer verzweifelten Stimmung „Mein schönes Dresden-Weimar-München, alles dahin!“ In dieser aufgewühlten Gefühlslage beginnt Strauss, ein Septett für Streicher zu schreiben, welches er nach einem offiziellen Kompositionsauftrag des Schweizer Dirigenten Paul Sacher zu einem großen Werk für 23 Solostreicher erweitert. In den letzten Takten erklingt ein musikalisches Zitat aus Beethovens „Eroica“ – das Trauermarschthema, womit Strauss noch einmal seine persönliche Betroffenheit betont. Spürbar werden all diese Empfindungen durch eine äußerst differenziert Klanggestaltung von Dirigent und Orchester.
Das Mozarteumorchester Salzburg, unter Mitwirkung von Constanze Mozart 1841 gegründet, genießt heute weltweit höchstes Ansehen für seine lebendigen und stilbewussten Mozart-Interpretationen. Dieses Album zeigt, dass das Orchester ohne Weiteres über dieses Kernrepertoire hinaus agieren kann und völlig zu Recht inzwischen auch für Interpretationen der Musik des 19./20. und 21. Jahrhunderts geschätzt wird. Ein gelungener Blick über den Repertoire-Tellerrand!